Arbeit im Wandel

Büro im Wandel

Beim Stichwort „moderne Bürowelt“, haben Personalverantwortliche häufig folgendes Bild vor Augen: Die Chefs sind junge BWL-Absolventen, die frisch von der Uni kommend ein hippes Start-Up gegründet haben. Das Büro liegt vermutlich in einem Industrieloft in Berlin und hat wahrscheinlich etwas mit Superfood zu tun hat. Mitarbeiter kommen, wann es ihnen gerade passt, oder arbeiten von zu Hause aus. Den eigenen, festen Schreibtisch gibt es nicht mehr. Stattdessen setzt man sich – zwischen gemeinsamen Brainstormings und kreativen Sit-Ins – mit einem Laptop auf einen Sitzsack. Alternativ lädt ein Gymnastikball an einem leeren Schreibtisch ein, Arbeit direkt mit Bewegung zu verbinden.

Schaut der Personalverantwortliche dann in die Büros der eigenen Mitarbeiter, sieht er in der Regel den deutschen Durchschnitt: keine Open Workspaces, keine Laptops, keine Sitzsäcke, stattdessen Einzel-, Zweier- oder Gruppenbüros und festgelegte Schreibtische. Das wirft die Frage auf: Lohnt es sich, neue, flexiblere Bürokonzepte auszuprobieren, um mehr Zufriedenheit und Produktivität zu erreichen? Oder folgt man mit jedem Umbau nur einem Trend, der schon wieder zu Ende ist, bevor er richtig durchgeschlagen hat? Ist es nicht doch gut so, wie es ist?

Fakt ist, es tut sich etwas in der Arbeitswelt. Durch globale Vernetzung und Digitalisierung sind sowohl die Arbeitswelt, als auch das alltägliche Leben im ständigen Wandel. Viele Jahrzehnte war das anders: Mitarbeiter waren seit der Industrialisierung von der Ausbildung bis zur Rente unbefristet und in Vollzeit in ein und demselben Betrieb beschäftigt. Arbeitszeiten und -bedingungen waren eng an die Prozesse der Produktion geknüpft. Heute sind die Lebensläufe länger, Arbeitszeitmodelle zahlreicher und Arbeitsabläufe vielfach weniger ortsgebunden. Man spricht von einer Flexibilisierung, Entgrenzung und Subjektivierung der Arbeit.

Zudem ist Arbeit nicht mehr gänzlich fremdorganisiert. Sie erfordert mehr denn je Selbstorganisation und persönlichen Einsatz, der über die rein fachliche Qualifikation hinausgeht. Kreativität, Mitdenken, Emotionen, Empathie und Wertschätzung sind die Soft Skills von heute. Geht das nur in einer entsprechend offenen und modernen Umgebung?

Der Wandel zur Individualisierung bei gleichzeitigem Erhalt von Gesundheit und Leistungsfähigkeit zeigt sich durch neue Raumkonzepte, Abläufe und die Umorganisation von Arbeitsstrukturen. Viele Unternehmen ziehen mit. Doch meist geht der Wandel zum modernen Think-Tank nicht ganz so schnell voran, wie im überspitzen Beispiel oben. Zur Beruhigung: Auch wenn die eigene Büroumgebung noch nicht ganz so flippig und inspirieren ist, wie zum Beispiel bei Google, können kleine Veränderungen auf kurze oder mittelfristige Sicht Großes bewegen.

Ob das nun die Möglichkeit von Homeoffice, flexible Arbeitsplatzkonzepte mit sowohl Gruppenbüros als auch Rückzugsm.glichkeiten für Stillarbeit oder autonome Arbeitszeitgestaltung ist, müssen die Unternehmen für sich herausfinden. Vor allem aber muss ein Verständnis dafür geschaffen werden, dass der große Wunsch nach der flexiblen Gestaltung von Arbeitszeit und Arbeitsort kein Anzeichen verwöhnter Mitarbeiter oder mangelnder Arbeitsmoral ist, sondern Ausdruck des Wandels, der sich in der Arbeitswelt vollzieht.

33% Einzelbüro

17% Gruppenbüro (6-20 Personen)

16% Zweipersonenbüro

14% Mehrpersonenbüro (3–5 Personen)

9% Kombibüro (Einzelbüro mit Glastür und Multifunktionszone)

6% Großraumbüro (ab 21 Personen)

4% flexibles Arbeitsplatzkonzept

Das Einzelbüro ist die Büroform, in der am häufigsten gearbeitet wird. Büros, in denen man zu zweit oder in Gruppen arbeitet, bilden das Mittelfeld. Das früher vor allem in den USA und später auch in Europa verbreitete Großraumbüro macht mit 6 % ebenso wie sein Nachfolger, das Kombibüro, mit 9 %, heute nur noch einen kleinen Teil der Bürolandschaft aus. Erstaunlich: Mit nur 4 % stehen flexible Arbeitsplatzkonzepte bislang weit hinter den anderen Büroformen zurück. Zwar glänzen diese Arbeitsumgebungen immer wieder durch Berichterstattungen in der Presse. Die Realität in Deutschland sieht jedoch mehrheitlich noch anders aus.

Mutig sein & ausprobieren

Unser Tipp für alle, die den Wandel in ihrem Betrieb anpacken wollen: Setzen Sie sich zum Ziel, das Wohlbefinden Ihrer Mitarbeitenden zu steigern, ihre Arbeit zu erleichtern und Abläufe zu verbessern. Beschließt eine Führungskraft zum Beispiel, neue Arbeitsplatzmodelle in der eigenen Abteilung umzusetzen und den Mitarbeitenden mehr Flexibilität mit Laptops und Open Workspaces zu bieten, ist das grundsätzlich ein gut gemeinter Schritt in die richtige Richtung. Wichtig ist bei alledem, das Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren: Auch innerhalb einer Abteilung haben Mitarbeiter unterschiedliche Arbeitsweisen und voneinander abweichende Präferenzen hinsichtlich der Arbeitsgestaltung. Und nicht alles, was ursprünglich gut gemeint war, stellt sich für alle Beteiligten als „gut“ heraus. Hier gilt es, mutig zu sein und auszuprobieren. Hinsichtlich der Arbeitsplatzgestaltung gibt es kein „one size fits it all“-Konzept.

Führungskräfte sollten daher für die Bedürfnisse und Vorstellungen der Mitarbeiter sensibel bleiben und nicht bloß den nächsten großen Trends folgen. Mit Gesprächen auf Augenhöhe lassen sich die Hintergründe der von Mitarbeitern geäußerten Wünsche aufklären und ein tiefergehendes gegenseitiges Verständnis für oder gegen bestimmte Maßnahmen etablieren.

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